Was hatte denn Heinrich von Kleist mit den Nazis am Hut? Er lebte doch viel früher und kann nun beim besten Willen nichts dafür, daß sein Werk von späteren Generationen mißbraucht wurde. Daß die Römer (oder meinetwegen auch der römische Staat)eroberungswütig waren und unzählige Städte geplündert, niedergebrannt und deren wehrlose Einwohner umgebracht oder in die Sklaverei verschleppt haben, wird ja nicht mal von deren eigenen Schriftstellern bestritten.
Da Kleist Dramatiker und kein Historiker war, trifft auch der Vorwurf der historischen Ungenauigkeit oder Unwahrheit nicht. Die geschichtlichen Vorfälle wurden eben nur als Aufhänger genommen, um die Deutschen zum Freiheitskampf gegen die napoleonischen Eroberer aufzurufen. Dabei hat er sich natürlich auch soviel dichterische Freiheit genommen, wie er brauchte.
Für mich ist "Die Hermannsschlacht" ein gelungenes Drama und ein interessantes Zeitdokument. Sicher hat Kleist qualitativ Besseres geschrieben, aber ihn als Stichwortgeber der Nazis oder Rassisten hinzustellen, ist für mich völlig danebengegriffen. Daß er franzosenfeindlich und patriotisch eingestellt war, kann man ihm angesichts der Besatzung und Ausplünderung seiner Heimat durch den Diktator Napoleon wohl kaum verdenken. Sein Patriotismus war aber von freiheitsliebender und demokratischer Natur.
Das kein "kritischer" Kommentar hinzugefügt wurde, empfinde ich nicht als störend, da ich es als mündiger Leser für selbstverständlich halte, auch mal selber die historischen Hintergründe eines Werkes zu recherchieren.