Als Die Wahlverwandtschaften 1809 erschienen, stand Goethe in seiner Popularität weit hinter Frühromantikern, patriotischen Dichtern oder populären Schriftstellern wie Kotzebue zurück, und ein entsprechender Misserfolg war der Roman eines Ehebruchs bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch. Heute erkennt man in ihm eine radikale Modernität, die sich einem Aufklärungsoptimismus, einer klassizistischen Kunstreligion oder einer romantischen Flucht ins Mythologische verweigert. Der Verfall der ländlich-aristokratischen Idylle lässt sich nicht aufhalten, Friede ergibt sich erst im Tod und Versöhnung bestenfalls im Jenseits. Nicht von ungefähr charakterisiert Thomas Mann die Wahlverwandtschaften als kapitales Alterswerk und »höchsten« Roman der Deutschen.
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